"Das Ende der Waffen" von Ultimate Despair | Soul Eater > MMFF (2024)

Der Schwarm aus Raben flog lautlos durch den Nachthimmel, in der Ferne schossen gerade die letzten Raketen des Feuerwerks nach oben. Ihr Ziel befand sich am Stadtrand in einer kleinen Gasse, wo sie zum Landen ansetzten. Der größte Rabe unter ihnen gab seinen Inhalt preis, aus lebendigem Schatten manifestierte sich der goldene Ritter, der torkelnd auf die Knie fiel.
Amon riss sich seinen goldenen Helm mit der Bärtigen Maske vom Kopf und entlud seinen kompletten Mageninhalt auf den Pflastersteinboden vor ihm. Durch sein Zittern klapperten die Rüstungsplatten an seinem Körper.
„Mach das bloß nie wieder, hast du mich verstanden?“
Er wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab.
„Was? Dir das Leben retten? Gerne doch. Das nächste Mal lasse ich dich jämmerlich verrecken.“
Fain stand mit gekreuzten Armen neben ihm und schüttelte den Kopf.
„Wenn du schon mal da unten bist kannst du mir ja als Zeichen deiner Dankbarkeit die Füße küssen.“
Sie stupste ihm mit ihrem Schuh in die Wange, dieser holte weit aus um danach zu schlagen, doch die Übelkeit überkam ihn erneut und das Speien erforderte seine komplette Aufmerksamkeit.
„Ist das ekelhaft ...“, murmelte Fain, während sie dem gestaltlosem Raben auf ihrer Schulter am Kinn kraulte. „Leute, bitte! Ihr müsst doch nicht immer streiten!“
Davis holte ein blütenweißes Stofftaschentuch aus seiner Hosentasche und nutzte es, um vorsichtig den mit Erbrochenem beschmierten Helm aufzuheben.
„Zum Glück sind diese Dinger recht robust. Es lohnt sich eben, etwas mehr Geld dafür auszugeben.“
Gemeint war damit nicht das Rüstungsteil. Mit einem leisen Klicken entfernte er die kleine Spionagekamera, die an der Seite von Amons Helm befestigt war und ließ sie in seiner Hosentasche verschwinden.
„Na ja, mal sehen, ob ich daraus noch vernünftiges Material schneiden kann. Die erste Hälfte war ja echt spitze, das wird einschlagen wie eine Granate!“
Er grinste wie ein Schneekönig, doch das Grinsen verschwand auch schnell wieder.
„Alles danach - na ja - werde da wohl einiges rausschneiden müssen."
Er kniete sich neben Amon hin und legte seine Hand auf dessen Schulter.
"Du wirst deinen ehrenhaften Tod schon noch bekommen, jedoch nicht unter meiner Aufsicht.“
Amon atmete schwer, sein Bauch krampfte, und eine gute Antwort darauf fiel ihm in diesem Moment auch nicht ein.
„Keine Sorge, so ergeht es den meisten beim ersten Mal, wenn sie mit dem Fain Taxi fliegen.“
Die Angesprochene zog eine Augenbraue hoch, blieb aber still.
„An die Bewegungskrankheit wirst du dich schon noch irgendwann gewöhnen.“
Davis' aufmunternde Worte zeigten bei Amon nur wenig Wirkung. Sein Ego war zutiefst gekränkt und der Schmerz saß tiefer als jede Verletzung, die er jemals im Kampf erlitten hatte. Bei dem Gedanken, in Zukunft öfter die Dienste des „Fain Taxis“ in Anspruch zu nehmen, kam ihm erneut saure Galle die Kehle hoch.
„Ich muss aber sagen ...“ Amon rappelte sich ganz langsam und keuchend wieder auf die Beine. „In einem Punkt hast du recht.“
Er kam Davis nahe. Gefährlich nahe. Sein lodernder Blick kreuzte sich mit dem seines Gegenübers. Eingeschüchtert ging Davis einen halben Schritt zurück.

„Ich darf nicht sterben, ehe ich herausgefunden habe, welcher dieser Shibusen-Hundesöhne meinen Vater getötet hat.“

Er hob seinen Speer vom Boden auf, riss Davis den Helm aus der Hand und trottete davon.
„Was, du willst jetzt einfach gehen?“, rief Davis ihm mit ausgestreckten Armen hinterher. Er bekam keine Antwort. „Schwieriger Kerl“, murmelte Fain und atmete einmal tief aus.
„Ich mag ihn“, antwortet Davis mit einem Schulterzucken.
„Wirklich? Sein Kopf ist so dick, dass er damit Mauern einrennen könnte. Der Kerl ist selbstmordgefährdet und maskiert es als 'Ehre'. Wir müssen ihn wie einen räudigen Köter an die Leine nehmen. Ab sofort schuldet er mir für jedes Mal, dass ich ihm das Leben rette, einen Drink.“
Sie breitete ihre Flügel aus, Davis streckte seine Hand nach ihr aus.
„Warte! Du gehst auch schon?“
Fain hielt inne. „Was? Wir sind doch hier fertig, oder nicht?“
„Nein, nein, noch lange nicht! Wir fangen doch erst an!“
Er holte sein Smartphone hervor und tippte darauf rum.
„Die Übertragung war ein voller Erfolg! Siehst du das?“ Er hielt Fain das Handy hin.
„Wir sind gerade der absolute Trend im Netz! Videos der Übertragung gingen sofort viral und erreichten hunderte und sogar tausende Aufrufe. Der Hashtag 'AntiShibusen' hat in dieser kurzen Zeit auf Twitter bereits über eine Viertelmillion Beiträge!“
„Ist das jetzt gut oder nicht? Ich kenne mich mit Social Media Null aus.“
„Das ist der Wahnsinn! Die Leute lieben uns! Zugegeben, sehr viele teilen diese Meinung absolut nicht, aber das müssen sie auch nicht. Wichtig ist, dass das der erste wichtige Schritt für unsere neue, friedliche Welt sein wird!“ Fain konnte Davis gerade nicht wirklich ernst nehmen. Im Netz war er der kalte und kalkulierte Anführer, doch gerade führte er sich auf wie ein Kleinkind, das im Kindergarten stolz sein neues Spielzeug präsentierte.

„Und, wie geht es jetzt weiter?“, fragte Fain mehr oder weniger desinteressiert.
„Nun, wir halten uns erst einmal verdeckt. Wir müssen der Welt ein wenig Zeit geben, um diese Informationen zu verarbeiten. Genug Aufsehen haben wir ja jetzt erregt, da dürfen wir nicht gleich übermütig werden. Wir suchen weiterhin nach Opfern, doch es wird ein wenig dauern, bis wir unseren nächsten großen Gig ausführen. Für heute machen wir Feierabend.“
Fain seufzte erleichtert.
„Danke, auf diese Worte habe ich gewartet.“
Sie schlug einmal stark mit ihren Flügeln und erhob sich in die Lüfte.
„Warte, warum gehst du denn schon?“
Davis bekam keine Antwort.
„Willst du mich nicht wenigstens nach hause fliegen?“, rief er in den Nachthimmel, denn Fain war bereits in der Dunkelheit verschwunden.
Auch der Himmel gab ihm keine Antwort.
„Tja, dann stehe ich jetzt eben hier ganz alleine und führe Selbstgespräche. Auch nicht schlimm. Dann mache ich mich eben zu Fuß auf den Heimweg. Schließlich wartet noch eine ganze Menge Arbeit auf mich.“

„Verdammte Scheiße, tut das weh.“ Ell hielt sich ein Taschentuch an ihre blutende Nase.
„Dieser Mistkerl ist einfach entkommen, ich fasse es nicht“, beschwerte sich Nico und trat wütend einen kleinen Stein am Boden entlang.
„Was ist mit den anderen?“, fragte Maia, die ihre Meisterin an der Schulter stützte.
„Ich weiß es nicht, wir konnten keine Verbindung aufstellen.“ Shiho zwirbelte nervös an ihrer Haarsträhne.
„Es sieht aber wirklich nicht gut aus.“
Die Gruppe blieb stehen, als sie wieder ihren Weg auf den Marktplatz fand. Dort herrschte Tumult. Eine riesige Geräuschkulisse aus Menschen, die sich anschrien. Die Polizei war in vollem Einsatz und versuchte, körperliche Auseinandersetzungen zu schlichten.
„Tod den Waffen!“ erklang fast schon wie ein Kampfschrei aus der Masse. Ell löste sich von Maia ab.
„f*ck, das sieht absolut nicht gut aus. Warum lassen diese Arschlöcher sich so einfach bekehren? Haben die verlernt, selbstständig zu denken?“
Maia schüttelte den Kopf.
„Ich glaube, viele haben schon lange so gedacht. Sie haben nur auf einem triftigen Grund gewartet, um ihre Meinung zu äußern.“
Shiho deutete mit ihrem Finger in Richtung der Bühne. „Da sind die anderen!“
Die Gruppe rannte schnurstracks auf den Rest von ihrem Team zu. Diego saß auf einer Bordsteinkante und hielt sich die Brust, Chanter unterhielt sich wild gestikulierend mit einer Polizistin, die auf ihrem Notizblock eine Zeugenaussage aufnahm. Ein Paar Kollegen von ihr eskortierten zwei Männer in Handschellen aus dem Anhänger, der als Tontechnikerbreich diente. Fell erkannte den Rest seiner Verbündeten aus der Ferne und rannte ihnen auf halber Strecke entgegen.

„Da seid ihr ja! Wir-Wir-Wir haben uns solche Sorgen gemacht!“, stotterte Fell aufgeregt, den Tränen nahe.
„Hey, atme erst mal durch. Wir reden in Ruhe darüber“, versuchte Nico ihn auszubremsen.
„Oh nein, du siehst ja echt schlimm aus!“
Diese Bemerkung von Fell schmeckte Ell nicht.
„Danke, das habe ich heute schon öfter gehört. Ist Kim hier irgendwo?“
Fell schüttelte den Kopf, seine Haarwirbel wippten dabei mit.
„Das wissen wir nicht. Sie hat auch nicht auf unseren Funk reagiert. Ich hoffe, ihr ist nichts schlimmes passiert.“
Das Wiedersehen der restlichen Gruppenmitgliedern war weniger herzlich. Ell durfte sich auch von Chanter anhören, wie schlimm sie doch aussah.
„Haltet uns jetzt nicht für bescheuert, aber wir haben mit einem arabischem Ritter gekämpft“, schilderte Nico die Situation.
„Na toll. Als wäre die Situation nicht schon schräg genug“, stöhnte Diego, immer noch schmerzerfüllt von seiner gebrochenen Rippe.
„Und ich dachte wirklich, wir könnten die Übertragung aufhalten. Sorry, Leute, wir haben versagt.“ Chanter ließ den Kopf hängen.
Auf einer Beerdigung herrschte bestimmt bessere Laune als hier. Die Truppe war angeschlagen. Ihre erste richtige Mission und sie hatten versagt. Trübsal blasend betrachteten sie das Ausmaß dieser Übertragung. Die Menschen waren außer Rand und Band. Einige gepanzerte Transporter der Bereitschaftspolizei rückten nun an, um den Aufstand unter Kontrolle zu bringen. Sie fühlten sich machtlos, niedergeschlagen, durch ihr Versagen.
Maia schüttelte den Kopf.
„Im besten Fall wird das nur eine Phase sein und die Leute wird sich wieder einkriegen.“
„Dann lass uns verdammt nochmal dafür sorgen, dass das eine einmalige Sache bleibt und diese dreckige Organisation im Keim ersticken“, gab ihre Meisterin zurück. Die Gruppe sah nach oben, als ein feuriges Rauschen den Lärm des Aufstandes übertönte.

„Da! Ich habe euch gefunden!“, ertönte Kims Stimme von oben herab. Anmutig landete sie mit ihrer Laterne neben ihnen, Jackie verwandelte sich kurz nach der Landung zurück in ihre menschliche Gestalt. Kims Gesicht war mit zahlreichen Schnittverletzungen übersät.
„Ellery! Du siehst ja echt-“
„Sag es nicht ...“, presste Ell mit zusammengebissenen Zähnen heraus.
„Warte, das haben wir gleich!“ Kim legte ihre Hände an Ellerys Wangen.
Nach einem kurzen Leuchten waren ihre Schmerzen vollständig verschwunden. Nur den gekränkten Stolz konnte sie leider nicht heilen.
„Was ist denn mit euch passiert?“, fragte nun Shiho, die Kims Wunden in ihrem Gesicht betrachtete.
„Ich bin mir nicht sicher. Wir habe gerade den Luftraum wegen des Feuerwerks gesichert, da wurden wir von etwas angegriffen, und auf einmal konnte ich nichts mehr sehen und da war nur noch dieser brennende Schmerz in meinem Gesicht, und dann bin ich nur noch gefallen. Zum Glück war da ein Hausdach, auf dem ich landen konnte, aber da war ich erst mal vom Himmel runter, und die Ohrstöpsel waren weg.“
Ihre Waffe nickte. „Es sah aus wie ein Schwarm Vögel, die uns überfallen haben.“
Diese Aussage traf auf aufmerksame Ohren.
„Vögel? Wir sind auch von einem riesigen Schwarm angegriffen worden.“ Maia grübelte.
„Dann war es tatsächlich ein koordinierter Angriff.“
Fell atmete schwer. „V-Vögel?“, winselte dieser.
Chanter zog die Augenbrauen hoch.
„Jetzt sag nicht, du hast Angst vor Vögeln.“
„Ich-Ich mache mich doch auch nicht über deine Phobien lustig. Das ist nicht sehr nett.“
Chanter zuckte mit den Achseln. „Hast recht, tut mir leid“, sagte er halbherzig.
„Sie wussten also, was wir vorhatten“, stöhnte Diego, als Kim seine gebrochene Rippe heilte.
„Du willst sagen, das war eine Falle?“, fragte Kim ihn.
„Ihr könnt mir nicht sagen, dass das wirklich Zufall war. Wenn ihr alle von Vögeln angegriffen wurdet, dann hat das schon etwas zu bedeuten. Ich glaube nämlich nicht, dass gerade die Tollwut umherzieht.“ Fell atmete sehr schwer, leise nuschelte er etwas.
„Ich kann nur froh sein, dass-dass-dass wir nicht von diesen Vögeln angegriffen wurden.“

Diego stand seufzend auf.
„Meine Güte, Bro. Wir stehen hier am Anfang eines potentiellen Bürgerkrieges, du hast da drinnen meinen wunderschönen Arsch gerettet wie ein Hauptcharakter in einem schlechten Actionfilm, aber jetzt ziehst du den Schwanz ein wegen ein paar Federviechern? Komm mal auf deine Prioritäten klar, Alter.“
„Diego, es reicht!“, mahnte ihn Maia.
„Du bist nicht meine Mutter“, murrte er zurück und schnipste sich eine Zigarette in den Mund die er mit einer Flamme an seiner Fingerspitze entzündete.
Fell machte sich klitzeklein.
„Er ist nur gestresst. Das sind wir alle“, versuchte Chanter Fell, und somit auch dem Rest der Truppe, Mut einzureden.
Diego hielt Nico seine Zigarettenpackung hin und bot ihm eine Kippe an. Erleichtert streckte dieser seine Hand danach aus, aber ein kurzer Blick zu Shiho lies ihn seine Hand ganz schnell wieder einziehen.
„Ich passe“, gab er nur als Antwort zurück.
„Mehr für mich“, murrte Diego und ging ein paar Schritte auf Abstand.
Fell ging vorsichtig ein paar Schritte auf Cyan zu.
„Also ... Ich möchte mich nochmal bei dir bedanken. Wenn ich ehrlich bin, war meine Durchsage direkt an dich gerichtet. Ich hatte gehofft, dass du meinen Code verstehen würdest, und dafür bin ich dir sehr dankbar.“
Fell erkannte gerade, welche Untertöne seine Aussage hatte.
„T-tut mir leid, falls das unsensibel war.“
„M-hm“, gab Cyan mit einem Nicken zurück mit der selben nichts sagenden Mimik, die er immer im Gesicht hatte. Er tippte sich mit der flachen Hand gegen die Brust, Fell deutete das als ein „schon gut“, was ihm in der ganzen Situation ein wenig Erleichterung verschaffte.

„Die Tontechniker im Wagen haben das alles mitorganisiert, die Polizei nimmt sie in Gewahrsam. Beinahe hätten sie Fell und Diego die Rübe weggepustet, aber zum Glück waren ihre Helden nicht weit.“ Chanter zeigte mit beiden Daumen auf sich und Cyan, aber sein Versuch, die ganze Situation durch seine lebhafte Art aufzulockern, schlug fehl.
„Die Polizei möchte sie verhören, bis dahin müssen wir wohl geduldig bleiben. Schade, hätte die Informationen nur zu gerne aus den beiden herausgequetscht“ Er machte eine Bewegund mit den Händen, als würde er etwas zerdrücken. Dabei grinste er leicht. "Wie aus einer Zitrone!" Danach seufzte er jedoch tief.
Auch wenn die Shibusen als Weltpolizei angesehen war, hatte die reguläre Polizei bei Fällen, die nichts mit dem Fressen reiner Seelen zu tun hatten, dann doch eher das Sagen.
„Was für ein Dreck, die Situation hier gerät noch außer Kontrolle.“
Kim und Jackie redeten mit einigen Polizisten und schilderten die Situation. Die Gruppe blies Trübsal, das Reden überließen sie dann doch ihren Vorgesetzten. Es herrschte ein universeller Tatendrang, doch ihnen fiel nichts ein, was die ganze Gelegenheit nicht noch weiter eskalieren würde.

Sie hofften auf ein Wunder, und ein Wunder sollten sie auch erhalten.

Eine ohrenbetäubende Stimme erklang von der Bühne neben ihnen.
„Liebe Bürgerinnen und Bürger von Death City, leiht mir eure Aufmerksamkeit!“
Ell drehte sich nach hinten um, ihre Augen schossen weit auf.
„Ja leck mich fett ...“
Mit einem kurzen Lichtblitz verschwand das Skateboard des dunklen Mannes mit der Totenkopfmaske in seiner blassen Hand. Seine grell gelben Augen leuchteten heller als jedes Licht auf dem Bazaar.
Urplötzlich herrschte Stille.
Totenstille.
Nur seine markante Stimme war zu hören.

„Das was ihr gerade gehört habt war nichts weiter als das wilde Gerede eines größenwahnsinnigen Mannes. Eines Verbrechers, der nach dem Leben der Waffen trachtet und versucht, Zweifel in unsere Seelen zu säen.“
Alle Ohren waren auf ihn gerichtet. Die allerwenigsten Menschen hatten Shinigami jemals zu Gesicht bekommen. Er war sprichwörtlich ein Gott unter ihnen.

„Die Shibusen, unsere stolze Akademie, wurde gegründet, um Frieden und Ordnung zu bewahren. Unsere Waffenmeister und ihre Waffenpartner trainieren Tag für Tag, um die Dunkelheit zu bekämpfen und das Licht in unserer Stadt zu bewahren. Die Shibusen ist mehr als nur eine Schule – sie ist ein Symbol für unsere Hoffnung, unseren Mut und unseren Willen, für das Gute einzustehen. Ihr seid nicht allein in dieser Herausforderung. Schaut euch um – seht die Menschen neben euch, die Nachbarn, Freunde und Familien. Wir sind eine Gemeinschaft, vereint durch unsere gemeinsamen Werte und unser Streben nach Frieden. Zusammen sind wir stärker als jede Bedrohung, die von außen auf uns zukommen mag. Lasst uns nicht in Angst leben. Lasst uns stattdessen mutig und entschlossen sein. Die Anti-Waffen-Organisation mag versuchen, uns zu schwächen, aber sie unterschätzen die Macht unserer Gemeinschaft und die Entschlossenheit unserer Seelen. Die Shibusen und ich, wir stehen hinter euch. Wir sind hier, um euch zu beschützen und euch zu führen. Erinnert euch an die Zeiten, in denen wir gemeinsam Großes vollbracht haben! Erinnert euch an die Herausforderungen, die wir überwunden haben! Zu Zeiten des Kishin Asura habt ihr auch zu uns gestanden und wir haben unser Leib und Leben für euch gelassen. Zusammen tragen wir zum Schutz und zur Verteidigung unserer geliebten Death City bei.
. Habt Vertrauen in die Shibusen. Habt Vertrauen in mich. Gemeinsam werden wir diese Prüfung bestehen und gestärkt daraus hervorgehen. Die Dunkelheit mag versuchen, uns zu verschlingen, aber unser Licht wird immer heller leuchten. Lasst uns heute und jeden Tag daran arbeiten, unsere Stadt sicher, stark und vereint zu halten. Denn in unserer Einigkeit liegt unsere größte Stärke. Seid mutig, seid stark, und wisst, dass wir zusammen jede Herausforderung m
eistern können.“

Die Stille nach dieser Rede war erdrückend.

„Ihr seid ein Lügner!“, ertönte eine Stimme aus der Masse, eine Glasflasche kam auf Shinigami zugeflogen und traf ihn mitten auf der Stirn. Er hätte dieser leicht ausweichen oder sie abwehren können, doch er entschied sich dazu, es nicht zu tun.
Keine Sekunde später wurde der Angreifer von einem Bereitschaftspolizisten auf den Boden getacklet.
„Nein!“, mahnte Shinigami den Polizisten, der den Gott erschrocken ansah.
„Hilf ihm wieder zu Füßen!“, gab Shinigami den Befehl voller Autorität, jedoch keineswegs feindselig.

„Ich verstehe euren Zorn, eure Frustration und eure Angst. Und wenn ihr jemanden braucht, um diese Gefühle auf ihn zu proji*zieren, dann werft eure Flaschen, richtet euren Zorn gegen mich. Ich bin bereit, diese Last zu tragen, um euch zu schützen. Eure Wut ist gerechtfertigt, aber lenkt sie nicht gegen die falschen Ziele. Wir stehen an einem Scheideweg. Wir können zulassen, dass Angst und Misstrauen uns auseinanderreißen, oder wir können gemeinsam gegen die Dunkelheit kämpfen. Ich wähle Letzteres und ich hoffe, ihr werdet es auch tun. In Zeiten der Not zeigt sich der wahre Charakter einer Gemeinschaft. Wir sind eine Familie, und in einer Familie lässt man niemanden zurück. Die Shibusen ist hier, um euch zu dienen, um euch zu schützen.“ Weitere Stille herrschte. Es flog keine weitere Flasche.
Diese Rede hatte ihre Wirkung gezeigt.
„Ich möchte nun, dass ihr so geht, wie ihr gekommen seid. Als Brüder und Schwestern“
Der Shinigami drehte seinen Kopf zur Seite, Kim erstarrte, als er ihr in die Augen blickte und kurz nickte, bevor er erneut sein Skateboard materialisierte und darauf zum höchsten Turm der Shibusen flog.

„Ist das gerade wirklich passiert oder habe ich jetzt komplett ein Rad ab?“, fragte Diego stutzig. Er war in der selben Position eingefroren, als würde er gerade noch genüsslich seine Zigarette wegatmen, doch diese war schon längst aus seinen Fingern gerutscht. Und tatsächlich, langsam löste sich die Menschenmasse auf.
In ihren Gesichtern war ein wildes Durcheinander von Emotionen zu erkennen.
Zorn, Angst, Freude, Verwirrung, aber auch Bewunderung, dass sie den Gott des Todes doch tatsächlich Angesicht zu Angesicht erlebt haben. Bei der Sondereinheit der Shibusen waren die Gefühle ähnlich.
Ellery ließ sich auf den Boden sacken.
„Ach du heilige Scheiße, Meister Shinigami höchstpersönlich. Dass das wirklich nötig war, um die Leute wieder halbwegs auf den richtigen Pfad zu leiten..."
„Ich-Ich-Ich muss los. Ich bin mir sicher, Meister Shinigami möchte mit mir noch persönlich sprechen“, stammelte Kim.
Noch bevor sie eine Reaktion der Gruppe abwarten konnte, sprang sie auf ihre Waffe und erhob sich mit einem Feuerschwall in den Nachthimmel.
„f*ck, darüber muss ich erst mal eine Nacht schlafen...“ Diego schob sich die nächste Zigarette in den Mund und trottete davon, ohne sich zu der Gruppe umzusehen.
„Hey, ich komm mit. Ich muss auch nach Hause.“
Shiho war über diese Aussage von Nico leicht schockiert.
„Jetzt warte doch ma-“
Nico drehte sich zu ihr um und wollte zu einer Umarmung ansetzen, doch klopfte ihr dann doch nur leicht zum Abschied auf die Schulter, ehe er sich an Diegos Schritt heftete.
„Sag mal, gilt das Angebot für die Kippe noch?“ Nico hoffte, dass seine Meisterin schon außerhalb der Hörreichweite war.
Shiho stand da wie festgewachsen.
„Dann, ähm, dann werde ich auch gehen...“
Sie klang deutlich niedergeschlagen, auch wenn sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. Sie wandte sich zu den verbliebenen fünf.
„Nun, wir sehen uns dann morgen, ja?“ Sie war den Tränen nahe.
„Ich begleite dich nach Hause!“ Fell sprang auf, Shiho schüttelte energisch den Kopf.
„Nein, nein, das musst du nicht!“
Fell ergriff sie am Handgelenk.
„Ich bestehe darauf! Ich kann dich doch jetzt nicht alleine gehen lassen!“
Er drehte sich noch kurz zu den Verbliebenen um, jetzt nur noch vier, und machte eine kurze Verbeugung, ehe er und Shiho sich auf den Weg machten.
„Das ist ja jetzt richtig ätzend...“, murmelte Ell, die nun auch langsam wieder vom Boden aufstand. Chanter versuchte unangenehm berührt, die angespannte Stimmung aufzulockern.
„Hey, ähm, denkt ihr irgendwelche Fastfood-Restaurants haben noch geöffnet?“
Ellery zuckte mit den Achseln.
„Einen Versuch ist es wert. Aber jede Location wäre mir gerade lieber als diese hier.“
Maia und Cyan hatten dagegen nichts einzuwenden. Auf halber Strecke quer über den Bazaar versuchte Chanter die richtigen Worte zu finden, um Ell und Maia auf den arabischen Ritter anzusprechen, aber der Moment dafür war wohl auch eher unpassend. Doch er musste sich keinen Gesprächsstoff ausdenken, um die Stille zu brechen.

Das tat jemand anderes für ihn.

„Shibusen Elite? Dass ich nicht lache.“
Die Stimme kam von dem großen, jungen Mann, der sich an die Straßenlaterne gelehnt hatte, die die Gruppe passierte. Die Vier blieben kurz stehen, als er sich vor sie stellte.
„Ein Mannsweib, eine Transe und einen Milchbubi? Aus welchen Ritzen hat die Shibusen euch denn gepopelt?“ Chanters Augen weiteten sich, er ballte die Fäuste.
„Was hast du gerade...“, presste er mit zusammengebissenen Zähnen hervor.
Maia war die Verwunderung ins Gesicht geschrieben.
Sie war wohl auch ein wenig enttäuscht, dass sie bei dieser Aufzählung abwertender Begriffe ausgelassen wurde. Da hätte er ruhig ein bisschen kreativer sein können. Heißt nicht, dass sie ihm nach dieser Flut von Beleidigungen nicht seine schäbige Lederjacke über seine mit zu viel Haargel nach hinten gekämmten Haare ziehen wollte.

„Kein Wunder, dass diese Penner von der Anti-Waffen-Organisation heute ihre Show abziehen konnten, wenn Versager wie ihr wohl anscheinend die Besten sein sollt. Uncool.“
Chanter versuchte die Ruhe zu bewahren, Cyan hielt ihn hinten an seinem Shirt leicht fest. Selten hatte Chanter solch ein Gesicht gesehen, auf dem seine Faust nur allzu wunderschön aussehen würde.
Es war nicht das am besten gehütete Geheimnis, dass Chanter trans war und somit rein biologisch gesehen nicht männlich war. Im Alltag fiel es nur auf, wenn man genau hinsah, da seine Schultern etwas schmaler waren als die von anderen typischen Jungen in seinem Alter. Auch seine Stimme klang so, als hätte der Stimmbruch nie eingesetzt. Dennoch konnte er es überhaupt nicht ausstehen, wenn man ihn darauf aufmerksam machte. Erst recht nicht in solch einer abwertenden Art und Weise.
„Mit anderen wäre das sicher nicht passiert, das habt ihr ja wunderschön verbockt.“
Ellery trat einen Schritt auf ihren Gegenüber zu, ihr Ausdruck war gelassen, beide Hände in den Hosentaschen. „Hast du wohl ein Problem mit uns?“
Sie wartete keine Antwort ab, stattdessen schlug sie ihm einmal mit der flachen Hand quer durchs Gesicht, ehe sie sie wieder in ihrer Hosentasche verschwinden ließ.
„Immer noch ein Problem?“
„Ell, nicht! Der ist es doch nicht wert!“ Maia hielt sie an der Schulter.
Ihr Gegenüber hielt sich seine rote Wange. Dann packte er Ellery fest am Kragen.
„Was fällt dir ein, du dreckiges Miststück?“
Ellerys Blick durchbohrte ihn, an ihrer Schläfe traten schon Adern hervor.

„Ich gebe dir genau zwei Sekunden, um deine widerliche Hand von mir zu nehmen, bevor ich deinen Abschiedsbrief in deinem eigenen Blut schreibe.“
Er nahm diese Drohung nicht ernst, stattdessen holte er zu einem Faustschlag aus, der Ellery mitten auf der Nase getroffen hätte, wenn sie sich nicht durch eine ruckartige Bewegung von seinem Griff befreit und ihn von sich weggestoßen hätte.
Chanter wollte nun auch handgreiflich werden und mitmischen, doch eine laute Stimme bremste sie alle aus.

„Stopp! Aufhören!“

Es war Shiho, die im Vollsprint von hinten auf sie zukam und sich schützend zwischen Ell und ihren Kontrahenten stellte. Im Hintergrund sah man noch Fell, der keuchend versuchte, mit Shihos Tempo mitzuhalten.
"Sebastian, was tust du nur?“
Er lachte ungläubig.
„Shiho? Was machst du denn hier? Und warum hinderst du mich daran, diese sogenannte 'Elite' zu vermöbeln? Du wirst doch eh niemals so gut sein wie sie. Wobei? Wenn ich mir die so angucke, würdest du genau ins Bild passen.“
Er grinste einmal hämisch.
„Du, die nicht mal einen Waffenpartner hat, darf sich direkt zum niederen Volk gesellen. Uncool.“
Shiho schluckte laut.
„Ob du es glaubst oder nicht, ja, ich gehöre zu ihnen, ich gehöre zur Elite!“
Sie trat einen Schritt auf Sebastian zu.
„Und ich habe einen Waffenpartner! Eine mächtigere Waffe, als du es jemals sein wirst!“ Eine Sekunde Stille, ehe Sebastian wieder zu lachen anfing. „Ach, du verarschst mich. Du? So jemand wie du wurde ausgewählt, um zu den Besten zu gehören? Welcher von diesen Trotteln hier ist denn deine Waffe?“
Shiho ging nun doch eingeschüchtert einen halben Schritt zurück.
„Also, ähm, er ist...“
„Dachte ich es mir doch. Kleine, schwache, waffenlose Shiho. Wie uncool.“
Er zog sich die Ärmel seiner matten Lederjacke hoch, wodurch seine schwarzen, fingerlosen Stoffhandschuhe besser zur Geltung kamen.

„Prügeln wir uns jetzt oder nicht? Fünf gegen einen, das wäre wenigstens ein fairer Kampf. Die Loser-Elite gegen die wahre Elite.“

Shiho wandte sich zu ihrer Gruppe und animierte Ell und Chanter durch leichtes Schieben an ihren Schultern zum gehen auf.
„Los, wir sind hier fertig ...“, sagte sie, als sie ihren Kopf noch ein letztes mal zu Sebastian umdrehte.
„Sei kein Angsthase, Shiho! Doch das warst du schon immer! Und das wirst du auch immer sein!“, rief Sebastian aus dem Licht der Straßenlaterne hinterher, bevor er sich ebenfalls umdrehte und ging.

„Jetzt sag bloß nicht, du kanntest diesen Wichser?“, hakte Ell nach.
Shiho beantwortete die Frage, nachdem sie einige Zeit nach den richtigen Worten gefischt hatte.
„Ja, ich kenne ihn. Ich kenne ihn sehr gut sogar. Das war Sebastian Villin.“
Sie atmete tief durch.
„Meine Ex-Waffe.“
Sie schluckte einmal.
„Und mein...“
Ihr Gesicht war knallrot.

„Und mein Ex-Freund...“

Die Strahlen der Morgensonne rissen Nico aus seinem Schlaf.
Oder wohl eher aus seiner Ohnmacht.
Mit verschwommenem Blick begutachtete er den Parkettboden, der an sein Gesicht gedrückt war. Vom Boden aus konnte er nicht viel erkennen, nur dass einige Reagenzgläser von seinem Schreibtisch zerbrochen auf dem Boden lagen, die Scherben gefährlich nahe an seinem Gesicht. Sein Mund war staubtrocken, sein Körper fühlte sich taub an.
Er betrachtete seinen Unterarm, an dem das Blut der frischen Schnittverletzungen bereits geronnen war.
Es war wie ein Filmriss. Er hatte keinerlei Erinnerungen daran, was gestern passiert war, nachdem er sich mit dem Skalpell an seinem Finger das Mittel verabreichte, doch er hoffte nun wirklich, dass er aus diesem Albtraum erwachen würde. Solch eine schlimme Reaktion hatte er zuvor noch nie durch seine chemischen co*cktails in ihm ausgelöst, weshalb er sich von Herzen erhoffte, dass ihm nun der Durchbruch gelungen war.
Zitternd hob er seinen tauben Arm und betrachtete seine Hand, er lag immer noch mit dem Bauch auf dem Boden. Die Nervosität ließ seinen Puls in die Höhe steigen, er wünschte sich nichts mehr, als endlich von seinem Fluch befreit zu sein.
Sein Finger blitzte auf und verwandelte sich in die Klinge des Skalpells.
„Ach, verfluchte Scheiße...“
Eine einzelne Träne quetschte sich aus aus dem Spalt zwischen Auge und Wange und rollte auf den Boden.

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Author: The Hon. Margery Christiansen

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Name: The Hon. Margery Christiansen

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Job: Investor Mining Engineer

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Introduction: My name is The Hon. Margery Christiansen, I am a bright, adorable, precious, inexpensive, gorgeous, comfortable, happy person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.