Kein Triumph für die Lüge (2024)

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ZEITGESCHICHTE Mit Clausewitz gegen den Holocaust-Leugner: Der niederländische Historiker Robert Jan van Pelt berichtet in der „Topographie des Terrors“ von seinem Kampf um die historische Wahrheit

Eine Meinung, die einer Tatsachenbehauptung widerspricht, sei eine Lüge

VON KLAUS HILLENBRAND

Es gehört normalerweise nicht zur Berufsbeschreibung eines Historikers, in einen Kampf zu ziehen. Geschichtswissenschaftler sollen forschen, lehren, schreiben, vielleicht noch Drittmittel für ihre Studien besorgen. Aber kämpfen? Doch an diesem Abend berichtet Robert Jan van Pelt von der University of Waterloo in Kanada von seinem schwersten Kampf. Austragungsort ist das NS-Vernichtungslager Auschwitz. Es geht nicht um Soldaten oder Generäle, Luftangriffe oder Bodenoffensiven. Es geht um etwas viel Wichtigeres: die historische Wahrheit.

Jan van Pelt ist Experte für die Erforschung der Vernichtung der Juden, spezialisiert auf das Lager Auschwitz. In dieser Funktion wird er Ende der 1990er Jahre als Gutachter in einen Verleumdungsprozess berufen. Angeklagt: Deborah Lipstadt und „Penguin Books“. Der Kläger heißt David Irving und leugnet den Holocaust.

Robert Jan van Pelt steht am Podium der „Topographie des Terrors“, jenem Ort in Berlin, an dem vor 70 Jahren das Reichssicherheitshauptamt den Massenmord organisierte und das heute eine Gedenkstätte beherbergt, und berichtet ruhig in bestem Deutsch mit niederländischem Akzent. „Historische Tatsachen versinken leicht im Ozean des Vergessens“, sagt er.

Aber ist es nicht zu schmuddelig und ekelhaft, ja, adelt es nicht die Geschichtsrevisionisten, wenn man sich mit diesen „Auschwitz-Leugnern“ wissenschaftlich auseinandersetzt? Nein, das sei nicht das Thema, sagt Günter Morsch, Leiter der Gedenkstätte Sachsenhausen, in seinen einführenden Worten. Es gehe nicht darum, scheinwissenschaftliche Argumente inhaltlich zu widerlegen, sondern das Ziel sei, Intentionen und Strukturen revisionistischer Kampagnen zu entlarven. Nur so sei es möglich, so Morsch, effektiv gegen die Ammenmärchen von der „Auschwitz-Lüge“ vorzugehen.

Robert Jan van Pelt bereitete sich mit der Lektüre von Carl von Clausewitzs „Vom Kriege“ auf den Kampf vor. Es ging um „die Abwehr eines Stoßes“ der Lüge. Da blieb ihm nichts anderes übrig, als sich mit den „Argumenten“ seines Gegners auseinanderzusetzen. Da ist der Fred-Leuchter-Report. Der US-Amerikaner behauptete, bei einer Untersuchung in Auschwitz keine Cyanid-Reste im Mauerwerk gefunden zu haben. Kein Cyanid, kein Einsatz von Zyklon B, kein Giftgasmord an Juden, kein Holocaust – mit dieser Argumentationskette gehen die Revisionisten deshalb seit Jahrzehnten hausieren. „Es geht den Revisionisten darum, überwältigende Wahrheiten mittels kleinster Kleinigkeiten zu diskreditieren“, sagt Jan van Pelt.

„Historische Untersuchungen über Auschwitz interessieren Irving nicht“, sagt der Historiker. Die Holocaust-Leugner interessierten sich auch nicht für den Mord durch Giftgas an Behinderten oder für die Vernichtungslager Sobibor, Treblinka und Belzec im deutsch besetzten Polen. Denn dort fehle ihnen das „Beweismaterial“, dort gibt es keine Mauerreste mehr und keine Krematorien, sondern nur die Zeugnisse der wenigen Überlebenden, die Gerichtsakten über die Prozesse gegen die Täter und die nicht verbrannten Dokumente aus der Nazizeit. Nichts für Forensiker also, die den chemischen „Beweis“ gegen die Geschichte antreten wollen. Dumm nur: Fred Leuchter ist kein Forensiker. Und deshalb, sagt Jan van Pelt, sei Leuchter auch nicht der Sherlock Holmes der Revisionisten, der er so gerne wäre.

Ist das angebliche Beweismaterial schon wertlos, dann verweisen die Holocaust-Leugner gerne auf ein besonders hohes Gut der Demokratie: die Meinungsfreiheit. Man vertrete ja lediglich eine ganz bestimmte Meinung, lautet ihre Argumentation, und warum es denn verboten sei, sich in gewisser Weise zu äußern, wo das doch sonst immer und überall erlaubt sei? „Eine Meinung ist etwas grundsätzlich anderes als eine Tatsache“, sagt Robert Jan van Pelt. Eine Meinung, die einer Tatsachenbehauptung widerspricht, sei deshalb keine Meinung mehr – sondern eine Lüge. Das war der Kern des Prozesses von David Irving.

Die Leugnung des Holocaust ist in vielen Staaten eine Straftat, gerade in Deutschland. Es sei den Opfern und ihren Nachfahren nicht zumutbar, wenn hier die „Auschwitz-Lüge“ verbreitet werde, sagt Günter Morsch. Andererseits könne man nicht sagen, dass in Staaten, in denen solche Äußerungen legal seien, der Neonazismus blühe. Morsch verweist auf das Beispiel Dänemark, wo sich die Neonazis mit ihren Behauptungen erfolgreich selbst desavouiert hätten. Im Kampf von Robert Jan van Pelt aber ging es um Verleumdung, und es wäre nicht auszudenken gewesen, wenn David Irving das Verfahren gewonnen hätte. Dass damit der Ruf des Historikers ruiniert gewesen wäre, wäre noch das kleinste Übel gewesen. Es wäre ein postmortaler Triumph von Heinrich Himmler und Konsorten gewesen, die alles unternommen hatten, um die Spuren ihrer Taten zu vernichten. Und ein Triumph der Lüge. Doch David Irving verlor den Prozess. Es gebe keinen Zweifel an den Gaskammern und dem Massenmord an den Juden, urteilte das Gericht. Und Robert Jan van Pelt, dessen Familie einst als Juden von den Nazis verfolgt wurde, sagt heute: „Ich übernahm die Verantwortung für die Tatsache des Massenmords. Ich bin stolz, vor dem High Court gestanden zu haben.“

■ Zum Thema ist gerade ein Aufsatz von Robert Jan van Pelt erschienen: Günter Morsch und Bertrand Perz (Hg.): „Neue Studien zu nationalsozialistischen Massentötungen durch Giftgas“. Metropol Verlag, Berlin 2011, 446 Seiten, 15 Euro

KLAUS HILLENBRAND
  • taz. die tageszeitung
  • Kultur
KLAUS HILLENBRAND
  • Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945) HI0302
  • 5661 Zeichen ~ ca. 187 Zeilen
  • Ausgabe 9447
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